Kalabrien – Traditionelles Handwerk zwischen dem Ionischen und Tyrrhenischen Meer
Die Stiefelspitze Italiens blickt auf eine bewegte Geschichte zurück, deren Spuren bis heute an vielen Stellen sichtbar sind. Besonders die Küche und das Handwerk in Kalabrien leben von Tradition und auch von Einflüssen anderer Kulturen.
Mit rund 800 Kilometern Küstenlinie, romantischen Dörfern, dem türkisblauen Meer, Buchten und Stränden ist die „Stiefelspitze“ des italienischen Festlandes landschaftlich und kulturell ein reizvolles Reiseziel, das bislang noch nicht vom Massentourismus geprägt ist und langsam entdeckt werden möchte. Die Nähe zu den sieben Liparischen oder auch Äolischen Inseln, die 2000 von der UNESCO zum Weltnaturerbe erklärt wurden, üben eine zusätzliche Anziehung aus. Die Menschen in Kalabrien leben zum überwiegenden Teil von der Landwirtschaft, Handwerk und in den Monaten Mai bis November vom Tourismus.
Die Seidenstraße von San Floro
Kalabrien blickt auf eine lange Tradition im Maulbeeranbau und in der Seidenverarbeitung zurück. Eingeführt von den byzantinischen Mönchen war die kalabrische Seide von so hoher Qualität, dass sie an allen Höfen Europas Einzug hielt. Dank des Engagements einer Reihe von Einheimischen wurde das traditionelle Handwerk wieder aufgenommen, wie die jungen Süditaliener der Kooperative „Nido di Seta“ in San Floro eindrucksvoll zeigen. Die Tradition der Seidenraupenzucht, die bereits seit dem 12. Jahrhundert in Süditalien praktiziert wurde, wurde zu neuem Leben erweckt und eine kleine kalabrische Seidenstraße, angefangen beim Boden, über Maulbeerbäume, Raupenzucht bis hin zum Endprodukt, entstand. Schals und Tücher, Schmuck und Accessoires, sämtliche Produkte sind handgewebt, mit natürlichen Pigmenten, Ecoprint- und Batik-Technik gefärbt und in Zusammenarbeit mit verschiedenen italienischen Künstlern und Handwerkern hergestellt. Und nebenbei werden Marmeladen aus verschiedenen Maulbeeren-Sorten hergestellt, Tees aus Maulbeerblättern gewonnen und zusätzlich saisonales Gemüse angebaut.
Anti-Aging mit Seiden Ritual im Capovaticano Resort Thalasso Spa
Das Capovaticano Resort Thalasso Spa macht sich die Proteine Sericin und Fibron, die von der Seidenraupe bei der Herstellung des Seidenkokons abgesondert werden, für eine neue Spa-Behandlung zu nutze. Dank der starken Anti-Aging- und regenerierenden Eigenschaften des Sericins, eines von der Seidenraupe abgesonderten Proteins, verstärkt diese Behandlung die Natürlichkeit und Schönheit der Haut und hinterlässt Gesicht und Körper erneuert und mit Feuchtigkeit versorgt. Auch die Produkte wie Seidenkokons, Handschuhe und Kissenbezüge für die Behandlung bezieht das Resort von Fabbrica Tessile Bossio in Kalabrien.
Mediterrane Ernährung geht auf das 16. Jahrhundert zurück
In der Villa Paola, einem umgebauten Franziskanerkloster aus dem 16. Jahrhundert, das vis à vis der historischen Küstenstadt Tropea liegt, werden die Zutaten für das Restaurant „De' Minimi“ noch heute in den Gärten des ehemaligen Klosters angebaut - so wie vor über 400 Jahren. Die Ernährung der Mönche des Minimi-Ordens war der Vorläufer der mediterranen Ernährung: frische Produkte, Gemüse und gelegentlich Fisch. Der heilige Francesco de Paola ernährte sich sein ganzes Leben lang leicht und starb im hohen Alter von 91 Jahren, was bei einer durchschnittlichen Lebenserwartung von 30 Jahren zu jener Zeit sicherlich auf seine gesunde Ernährung zurückzuführen war. Diese einfache, schmackhafte Küche mit unverfälschten Zutaten ist die Inspiration für den Chefkoch Emanuele Pucci des Restaurants in der Villa Paola, der die Gerichte und Zutaten auf neue und moderne Weise interpretiert und serviert.
Die kulinarische Tradition Kalabriens wurde im Laufe der Jahrhunderte von verschiedenen Kulturen und Eroberern geprägt, darunter die Griechen, Römer, Byzantiner, Araber, Normannen und Spanier. Diese historischen Einflüsse haben zur Vielfalt und Einzigartigkeit der regionalen Küche beigetragen und sind in vielen traditionellen Gerichten zu erkennen. Arabische Eroberer und Händler brachten Gewürze wie Safran, Zimt, Koriander und Nelken nach Kalabrien. Die getrockneten Früchte, Nüsse und süßen Aromen in einigen kalabrischen Desserts sind ebenfalls auf den arabischen Einfluss zurückzuführen. Die Zubereitung von Olivenöl und die Herstellung von Pasta beruht auf griechischen und byzantinischen Einflüssen, einige Fleischgerichte und eingelegtes Gemüse brachten die Spanier und Normannen nach Kalabrien, und die jüdische Gemeinde, die in Kalabrien lebte, brachte die süß-sauren Aromen mit. Noch vor den Römern bauten die Griechen in Kalabrien Wein an und hinterließen der Region die Rebsorten Gaglioppo, Greco, Bianco und Trebbiano.
Picasso liebte die Keramikkunst Kalabriens
Auf Zeitreise begibt man sich, wenn man auf die Tradition des Keramikhandwerks in Kalabrien blickt. Der Überlieferung nach gab es Mitte des 18. Jahrhunderts 23 Werkstätten in dem kleinen kalabrischen Dorf Seminara, das für seine Keramiken bis heute weltberühmt ist und 1783 durch ein verheerendes Erdbeben zerstört wurde. Der Wiederaufbau verlief langsam, aber bereits 1880 gab es im Dorf 28 Öfen mit Mühlen für die Verarbeitung von Emaillen, die zu ihrer Färbung verwendet wurden. Im Keramikmuseum von Seminara kann man alles über die Geschichte des Handwerks und seiner Kunstfertigkeit, die sogar Pablo Picasso verzauberte, erfahren. (Museo delle Ceramiche di Calabria, Via Vescovado, 35, 89028 Seminara, täglich von 10.00 bis 20.00 Uhr geöffnet)
Neben Seide und Keramik sind Schmiedekunst, Spitzenklöppelei, Korbflechterei und das Schnitzen von Olivenholz Beispiele für die traditionellen Handwerksbetriebe in Kalabrien. Jedes Handwerk hat seine Geschichte und Tradition, die bis heute gepflegt und weitergegeben werden, um ein wertvolles Kulturgut der Region für nachfolgende Generationen zu erhalten.